Berufsunfähigkeitsversicherung: Fehler vermeiden

yippy
von yippy
7 min
12.08.2023 00:00:00

Berufsunfähigkeitsversicherung: Fehler vermeiden!

Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte, der muss einiges beachten. Es gibt jede Menge Stolperfallen mit gravierenden Konsequenzen. Neben der richtigen Antragstellung und Beratung, kommt es auch auf die Leistungen einer BU-Versicherung an.

Die sieben Fehler:

1: Sorglosigkeit 2: Gesundheitsfragen nicht ernst nehmen 3: Blinder Aktionismus 4: Anbieter nicht richtig angeschaut 5: Die „Wenn-dann-richtig“-Regel verletzt 6: Bedarf falsch eingeschätzt 7: Von Steuervorteilen (ver-)leiten lassen Keine Leistung: Wer zum Beispiel bei den Gesundheitsfragen falsche Angaben macht, steht im Falle einer Berufsunfähigkeit nicht selten ganz ohne Rente da. Beitragssteigerungen: Wer auf einen finanzschwachen Anbieter setzt, riskiert massive Beitragssteigerungen – so wird der Schutz ggf. unbezahlbar. Versicherungsschutz riskieren: Wer blind über das Internet Anträge stellt. die abgelehnt werden, bekommt oft auch bei anderen Anbietern keinen Versicherungsschutz mehr – oder muss mit Aufschlägen und Leistungsausschlüssen rechnen! Boomerang Steuervorteil: Die steuerliche Förderung über die Rürup-Rente oder die betriebliche Altersvorsorge mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sieht oft nur auf den ersten Blick vorteilhaft aus – denn die Berufsunfähigkeitsrenten werden anders als bei klassischen Berufsunfähigkeitsversicherungen hoch versteuert!

Fehler 1: Sorglosigkeit

Berufsunfähigkeitsversicherung ist nicht gleich Berufsunfähigkeitsversicherung: Die Qualität der Bedingungen unterscheidet sich zum Teil erheblich. Und die sorglose, unbedachte Wahl irgendeines Tarifes kann sich böse rächen. Das sind die zum Teil erheblichen Auswirkungen schlechter Klauseln:

  • Sie bekommen Ihre Rente erst, wenn Sie voraussichtlich drei Jahre berufsunfähig sind. (Langer Prognosezeitraum)
  • Sie bekommen die Rente bereits, wenn Sie voraussichtlich sechs Monate berufsunfähig sind. (Kurzer Prognosezeitraum)
  • Abstrakte VerweisungSie bekommen keine Rente, wenn Sie theoretisch in einem anderen Beruf arbeiten könnten, der Ihrer Lebensstellung entspricht – egal, ob Sie das wollen oder ob es überhaupt einen Job gibt.

Sie bekommen nur dann keine Rente mehr, wenn Sie tatsächlich einen Beruf ausüben, der dem vor der BU ausgeübten entspricht (konkrete Verweisung) - auf eine abstrakte Verweisung wird verzichtet. Definition der Lebensstellung Eine konkrete Verweisung ist möglich, wenn Sie nach der BU einen Job ausüben, der Ihrer Lebensstellung entspricht. Die konkrete Verweisung ist nur dann möglich, wenn die Definition Lebensstellung auch an das Einkommen gekoppelt ist und Sie mindestens 80 Prozent des früheren Einkommens nach der BU wieder erreichen. Leistungsausschluss im Straßenverkehr Sie erhalten keine Rente, wenn Sie grob fahrlässig und vorsätzlich im Straßenverkehr agieren und infolge dieses Verhaltens – zum Beispiel nach einem Unfall – berufsunfähig werden. Sie erhalten Ihre Rente unabhängig davon, mit welchem Verschuldensgrad Sie im Straßenverkehr agiert haben. Befristete Anerkenntnisse Sie bekommen eine Rente nur für ein Jahr oder zwei Jahre bewilligt, danach müssen Sie einen neuen Antrag stellen und Ihre BU belegen. Sie bekommen die Rente zeitlich unbefristet bewilligt. Gelbe-Schein-Regelung Sie sind längere Zeit arbeitsunfähig, ohne berufsunfähig zu werden: Sie erhalten keine Rente. Sie sind längere Zeit arbeitsunfähig, ohne berufsunfähig zu werden: Sie erhalten bis zu 24 Monate die versicherte Rente.

Fehler 2: Gesundheitsfragen nicht ernst nehmen

Viele Antragsteller gehen mit einer unverständlichen Naivität an die Gesundheitsfragen und brauchen kaum mehr als ein paar Minuten, um die Fragen zu beantworten: in der Regel alle mit nein! Tatsache ist aber: Fast jeder hat ein paar gesundheitliche Malaisen, die anzugeben sind. Besonders häufige Fehleinschätzungen: „Erkältungen sind harmlos“: Grundsätzlich stimmt das, aber hat der Arzt auch wirklich nur einen Infekt diagnostiziert? Oft finden sich in den Unterlagen des Arztes stattdessen Diaglosen wie „Asthma bronchiale“ – und die müssen definitiv angegeben werden. Was tun? Für alle Erkrankungen gilt, dass die Krankenkassen und Ärzte Auskunft geben zu allen Diagnosen, die im abgefragten Zeitraum gestellt wurden. Fordern Sie diese Unterlagen für den Antrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung an. „Das war doch nur eine kleine Blessur beim Fußball“: Den Antragsstellern selbst erscheinen Vorerkrankungen immer harmlos – aber im Antrag wird eben nicht danach gefragt, wie schwer nach Meinung des Antragstellers eine Blessur war, sondern was der Arzt ganz objektiv diagnostiziert hat. Was tun? Geben Sie Vorerkrankungen, wenn danach gefragt wird, ohne Wenn und Aber an. „Das ist doch schon länger als fünf Jahre her, meine ich“: Versicherer definieren im Antrag den Abfragezeitraum zu den Gesundheitsfragen mit fünf oder zehn Jahren ziemlich exakt. Genau so exakt müssen Sie auch antworten: Wenn Sie am 10.11.2011 wegen Knieschmerzen beim Arzt waren, müssen Sie bei einer Antragstellung vor dem 10.11.2016 diesen Arztbesuch angeben. Was tun? Ermitteln Sie Termine für Arztbesuche exakt – notfalls mithilfe der Unterlagen von Kasse und Arzt. Es ist tatsächlich oft eine gute Option, mit dem Antrag ein paar Wochen zu warten, bis bestimmte Krankheiten aus dem Abfragezeitraum fallen

Fehler 3: Blinder Aktionismus

Schnell mal ins Internet, auf die Seite eines dieser bekannten Online-Versicherer und die Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Antrag ausgefüllt, Gesundheitsfragen beantwortet und dann die Ernüchterung: Antrag abgelehnt. Na, egal, denken sich viele, dann also doch zum Makler oder Vertreter um die Ecke ‒ und dort die nächste Ernüchterung. Der missratene Online-Trip ins Versicherungsglück wirkt nach: Der abgelehnte Antrag ist auch bei weiteren Anträgen anzugeben und schmälert die Chancen, die gewünschte Berufsunfähigkeitsversicherung zu bekommen – der blinde Aktionismus steht dem gewünschten Schutz also entgegen. Besser ist es, so vorzugehen, wenn alleine eine Frage zum Gesundheitsstatus im Antrag mit Ja beantwortet werden müsste:

  1. Gesundheitsstatus selbst klären: Krankenkassen und Ärzte helfen dabei, die Erkrankungen der letzten fünf bis zehn Jahre zu ermitteln – ohne Lücken und verbindlich.
  2. Vermittler einschalten: Ein kompetenter Makler kann mit dem von Ihnen ermittelten Gesundheitsstatus bei fast allen Versicherungen am Markt mit einer Risikovoranfrage ein Votum zu Ihrer Versicherbarkeit einholen.
  3. Entscheiden: Wenn Sie wissen, wer Sie zu welchen Konditionen versichern würde, können Sie unter Bezugnahme auf die Voranfrage vom Makler einen Antrag stellen lassen und bekommen den gewünschten Versicherungsschutz ganz ohne Probleme.

Tipp: Wenn Sie mit Ihren Ärzten sprechen, bevor es die Versicherer nach einer vorschnellen Anfrage im Internet tun, haben Sie auch die Möglichkeit, Diagnosen richtigzustellen, sodass Sie für Sie bei einer Risikovoranfrage weniger nachteilig sind.

Fehler 4: Anbieter nicht richtig angeschaut

Keine Versicherung ist wie die andere – das gilt bei der Berufsunfähigkeitsversicherung wie auch bei allen anderen Policen. Erstaunlich, dass trotz dieser Erkenntnis viele Kunden keinen großen Wert darauf legen, „ihre“ Versicherungsgesellschaft genauer unter die Lupe zu nehmen bzw. vom Berater nehmen zu lassen. Ansatzpunkte dafür gibt es genug: Ratings Auch wenn die Ratings oft zum Lesen schwere Kost sind: Sie verraten viel über die einzelnen Versicherer – vor allem über ihre Finanzstärke. Und die ist entscheidend für die Beitragsstabilität in den kommenden Jahren nach Vertragsabschluss. Solide aufgestellten und finanzstarken Unternehmen wird es immer leichter fallen, günstige Beiträge dauerhaft zu halten. Bei den anderen kann es Sie voll treffen, das ... Verteuerungsrisiko Damit wird die Spanne zwischen den Brutto- und Nettobeiträgen bezeichnet. Die Bruttobeiträge sind der reguläre Beitrag, der um die erwarteten Überschüsse des Versicherers gekürzt wird. Bleiben die Überschüsse ganz oder teilweise aus, steigt der Beitrag bis hin zum Bruttobeitrag. Und diese Spanne kann je nach Versicherer 20 bis 200 Prozent ausmachen – ein Preissteigerungsrisiko, das Sie tragen! Tipp: Mit der Community Life und der Canadas Life gibt es zwei Berufsunfähigkeitsversicherungen mit einem Festpreis – sie kalkulieren ohne Überschüsse und garantieren einen festen Beitrag für die gesamte Laufzeit. Prozessquote Die von dem Analysehaus Morgen und Morgen ermittelte Prozessquote beschreibt, wie viele abgelehnte Anträge anschließend vor Gericht gelandet sind. Auch wenn der Wert sich im Laufe der Jahre bei den einzelnen Berufsunfähigkeitsversicherungen verändert und nicht alleine über die Wahl für oder gegen eine Versicherung herangezogen werden sollte: Er ist ein gutes Indiz für die Regulierungspraxis des Versicherers im Fall einer Berufsunfähigkeit. Leistungsquote Auch dieser Wert wird von Morgen und Morgen ermittelt: Er beschreibt, wie viele von 100 Leistungsanträgen am Ende mit einer Zahlung der vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente enden. Auch dieser Wert ist ein gutes Indiz zur „Zahlungsmoral“ der Versicherer.Fehler 5: Die „Wenn-dann-richtig“-Regel verletzt Es gibt bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung neben vielen anderen eine Regel, die Sie unbedingt beherzigen sollten: wenn Absicherung, dann richtig! Sichern Sie eine ausreichende Rente ab! In der Regel gilt die Regel als erfüllt, wenn Sie mindestens 70 Prozent Ihres bei Vertragsabschluss aktuellen Nettogehaltes absichern. Die Berufsunfähigkeitsrente muss aber nicht nur heute passen, sondern auch noch in fünf, zehn oder zwanzig Jahren. Deshalb müssen Sie im Rahmen der „Wenn-dann-richtig“-Regel die versicherte Rente zukunftssicher machen – dabei helfen:

  1. Nachversicherungsgarantien: Sie ermöglichen es Ihnen, die versicherte Rente während der Vertragslaufzeit nach oben anzupassen. Meist ist ein vertraglich definiertes Lebensereignis wie zum Beispiel die Geburt eines Kindes Voraussetzung dafür – aber es gibt immer mehr Versicherer, die vor allem in den ersten Vertragsjahren auch ohne ein solches Ereignis nachversichern. Zumindest die anlassbezogene Nachversicherung sollte Ihre Berufsunfähigkeitsversicherung vorsehen.
  2. Beitragsdynamik: Sie wirkt, solange Sie (noch) nicht berufsunfähig sind. Bei Vertragsabschluss wird mit der Beitragsdynamik vereinbart, dass Rente (und auch der Beitrag) jährlich um einen vorher festgelegten Prozentsatz steigen. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, der Beitragsdynamik zu widersprechen – tun Sie das aber mehr als zweimal in Folge, entfällt die Option. Eine Ausnahme ist die Alte Leipziger, bei der Sie beliebig oft widerrufen können, ohne die Option zu verlieren.
  3. Leistungsdynamik: Anders als die Beitragsdynamik greift die Leistungsdynamik, wenn Sie berufsunfähig geworden sind – die bei Vertragsschluss versicherte Rente steigt dann jährlich um den vorher festgelegten Satz – meist um ein bis drei Prozent. Die Leistungsdynamik als ergänzender Baustein verteuert den Beitrag der Berufsunfähigkeitsversicherung meist um sechs bis 15 Prozent.

Fehler 6: Bedarf falsch eingeschätzt

„Mit 60 brauche ich keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr“ – das ist das Credo vieler Interessenten, die deshalb nur einen Vertrag mit einer Laufzeit bis 60 Jahre abschließen. Aber was ist, wen Sie mit 61 berufsunfähig werden? Die Altersrente ist dann noch sechs Jahre hin – schon bei 1.500 Euro versicherter Berufsunfähigkeitsrente fehlen schnell 108.000 Euro – wo sollen die herkommen? Die gleiche Rechnung lässt sich übrigens aufmachen, wenn Sie vor dem 60. Geburtstag berufsunfähig werden, die Rentenzahlung aber mit 60 Jahren endet! Es fehlen die 108.000 Euro im Beispiel oben – und auch das Vorziehen der Altersente ist nach vielen Jahren der Berufsunfähigkeit ein finanzielles Wagnis, weil die Ansprüche durch das Ausscheiden aus dem Job ohnehin schon gering sind.

Fehler 7: Von Steuervorteilen (ver-)leiten lassen

Wenn Berater Steuervorteile ins Spiel bringen, werden viele Verbraucher unvernünftig – das gilt bei Geldanlagen und Immobilien ebenso wie bei Versicherungen. Rürup- und Riester-Renten, aber auch die betriebliche Altersvorsorge mit ihren Förder-Komponenten können für die private Vorsorge durchaus sinnvoll sein – ihr Vorteil ist aber kein Naturgesetz. So ist bei der Kombination aus Rürup-Rente und Berufsunfähigkeitsversicherung Vorsicht geboten:

  1. Spielregeln müssen eingehalten werden: 50 Prozent der Beiträge zu einer Rürup-Rente dürfen auf den Invaliditätsschutz entfallen, wenn die Beiträge insgesamt absetzbar sind und bleiben sollen. Was aber, wenn die Beiträge für die Hauptversicherung reduziert werden müssen – etwa in der Elternzeit? Dann müssen auch der BU-Anteil und damit die Rentenhöhe nach unten angepasst werden – meist ist das weniger sinnvoll.
  2. Nachgelagerte Besteuerung beachten: Die Steuervorteile von heute bei der Rürup-Rente mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sind die Steuerlasten von morgen. Denn bei einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung im Rahmen der Rürup-Rente wäre eine Berufsunfähigkeitsrente nach dem gleichen Schlüssel zu versteuern wie eine Altersrente – aktuell würde das bedeuten, dass 72 Prozent der BUZ-Rente zu versteuern sind. Zum Vergleich: Bei einer 20-jährigen Laufzeit der privaten BU-Rente ohne Förderung sind es gerade einmal 21 Prozent.

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