Die Technologien für mobile Büros, Heimarbeit und barrierefreie Online-Kollaboration sind heute ausgereift genug, um nicht mehr fünf Tage in der Woche ins Büro fahren zu müssen.
Als Freiangestellter tauschst du Schreibtisch gegen Flexibilität. Geeignet ist die ortsunabhängige Anstellung für alle Dienstleister, deren physische Anwesenheit nicht nötig ist. Dazu gehören Designer, Marketer, Journalisten, Berater, Buchhalter und viele weitere klassische Berufe.
Ein „Remote Work Agreement“ ist ein Arbeitsvertrag, in dem dir ein gewisser Grad an flexiblen Arbeitszeiten und freier Ortswahl eingeräumt wird. Dabei wirst du nicht nach geleisteten Stunden, sondern nach Ergebnissen bezahlt.
Der Unterschied zum Freelancer ist, dass du immer noch sozialversicherungspflichtig angestellt bist und Privilegien eines Arbeitnehmers genießt. Mit einem Remote Job genießt du weiterhin die Sicherheit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, gleichzeitig hast du viele Freiheiten. Du kannst arbeiten, wann und wo du willst, solange du Ergebnisse ablieferst.
Vorteile: Wenn du ein sicherheitsliebender Mensch bist, kann die ortsunabhängige Festanstellung ein guter Kompromiss sein. Du bekommst weiterhin alle Vorzüge eines Arbeitnehmers wie das feste Gehalt, bezahlten Urlaub, Sozialversicherungen und Krankengeld.
- Mentale Sicherheit durch monatliches Gehalt
- Über Arbeitgeber sozialversichert
- Bezahlter Urlaub und Krankengeld
Nachteile: Die Nachteile liegen auf der Hand: du arbeitest für jemand anderen, anstatt eigene Werte zu erschaffen, von denen du langfristig lebst. Die vermeintliche Sicherheit des Arbeitsvertrags kann schnell kippen, wenn sich die Bedingungen im Unternehmen ändern. Du bist jederzeit kündbar und hast einen begrenzten Rahmen für deine berufliche Weiterentwicklung.
- Klassische Geld-gegen-Zeit-Arbeit
- Weisungspflichten des Arbeitgebers unterlegen
- Wenig Zeit, um eigene Werte zu erschaffen
- Langfristig keine echte Sicherheit, da jederzeit kündbar
Ansätze für Remote Worker
Entweder du überzeugst deinen bestehenden Arbeitgeber von dieser Art der Zusammenarbeit oder suchst auf Jobbörsen nach einem neuen Job. Ein weiterer logischer Schritt wäre es, deinem Arbeitgeber die bisherigen Leistungen als Freiberufler oder Freelancer anzubieten. Damit spart er Kosten für die Sozialversicherungen und bleibt flexibler. Du gibst einen Teil der Sicherheit auf, bekommst aber höhere Stundenlöhne und mehr Kontrolle über deine Zeit.
1. Vorzüge für Arbeitgeber
Um deinen Arbeitgeber von einer solchen Vereinbarung zu überzeugen, musst du die Vorteile für das Unternehmen und den direkten Vorgesetzten hervorheben. Nur wenn es für die Arbeitgeberseite Einsparungen oder Erleichterungen gibt, wirst du Zustimmung finden. Die folgenden Argumente helfen dir bei deinem Gesuch:
- Die Firma spart bares Geld für Immobilien und Ausstattung
- Die Zeitersparnis für den Arbeitsweg kannst du für sinnvolle Dinge nutzen
- Du wirst motivierter und leistungsfähiger sein, da du dir deine produktive Arbeitsumgebung selbst aussuchen kannst
- Du bist flexibel genug, um (Online-)Termine auch außerhalb der Rahmenarbeitszeit wahrzunehmen
- Du wirst nur für tatsächlich erreichte Zielvereinbarungen und nicht für reine Anwesenheit bezahlt
- Du lieferst einen wöchentlichen Statusbericht ab
- Du bietest an, testweise zwei Tage in der Woche im Home Office zu arbeiten und nach einem Monat die Entwicklungen zu besprechen
- Dein Chef kann dich jederzeit wieder ins Büro holen, wenn die Testphase negativ verläuft
2. Krankenbett
Sollte dein Arbeitgeber der virtuellen Zusammenarbeit dann immer noch pessimistisch gegenüberstehen, beweise ihm, wie vorteilhaft es für beide Seiten sein kann. Lasse dich für ein paar Tage krankschreiben, wenn die nächste Grippewelle umgeht, und überrasche ihn dann mit E-Mails, die deine Arbeitsergebnisse aus dem „Krankenbett“ belegen.
3. Alternativen
Sollte sich dein Arbeitgeber per se nicht auf den Vorschlag einlassen, findest du ortsunabhängige Festanstellungen in immer mehr Jobbörsen wie dem DNX Jobboard, remoteOK oder auf Flexjobs. Dazu schaust du dich auf den Webseiten von Unternehmen wie Buffer, Basecamp, Fiverr oder Automattic um, die komplett dezentralisierte Teams auf der ganzen Welt beschäftigen.
Sobald vertraglich alles geregelt ist, probiere dich aus. Arbeite ein paar Tage in der Woche zuhause, gehe in Coworking Spaces oder Cafés. Nimm den Laptop auch mal mit auf Kurztrips zu Freunden, ans Meer oder in die Berge. Du wirst schnell herausfinden, welche Arbeitsumgebung du brauchst, um produktiv zu sein.
Wenn du dich sicher mit deinem ortsunabhängigen Arbeitsumfeld fühlst, versuche es doch mal mit einer größeren Reise. Du könntest im kommenden Winter ein paar Monate in wärmeren Gefilden verbringen. Dort mietest du dir ein Apartment und richtest dich vorübergehend häuslich ein. So lernst du während der Arbeitszeit Land und Leute viel besser kennen als jeder Urlauber.
Interview mit Teresa Bauer von GetRemote
Teresa möchte mit GetRemote die ortsunabhängige Festanstellung in Deutschland salonfähig und Menschen in ihrem (Arbeits-)Leben dadurch glücklicher machen. Sie stellt auf ihrer Seite Teams vor, die die ortsunabhängige Festanstellung bereits leben, und listet in ihrer Jobbörse ausschließlich Stellenanzeigen mit Möglichkeiten zum Home-Office.
Wie bist du zur ortsunabhängigen Festanstellung gekommen?
Als ich nach meinem Studium nach Berlin kam, hatte ich einen ganz normalen Job in einer Berliner Online-Marketing-Agentur. Niemand dort hatte Home-Office-Tage. Ich wollte aber meinen kleinen Neffen aufwachsen sehen und meine Familie in Passau nicht nur innerhalb von 26 Urlaubstagen besuchen können. Meinen Chef konnte ich nach kurzer Zeit davon überzeugen, mich als Einzige im Team teilweise ortsunabhängig arbeiten zu lassen. Seitdem wechselte ich zwischen Bürophasen in Berlin, Home-Office bei meiner Familie in Passau und einigen Wochen Auslandsaufenthalt im Winter in Thailand, Marokko und Andalusien.
Nachdem ich das Remote-Arbeiten für einige Zeit vorlebte und als praktikabel erweisen konnte, habe ich die Teamleitung übernommen und unsere ganze Agentur auf teilweise ortsunabhängiges Arbeiten umgestellt. Ich habe mich die letzten fünf Jahre also intensiv mit dem Thema ortsunabhängige Festanstellung beschäftigt und das Arbeitsmodell sowohl als Angestellte als auch als Führungskraft erlebt. Heute berate ich Unternehmen, wie sie ihr Team ortsunabhängig aufstellen und führen können. Außerdem begleite ich Privatpersonen auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Arbeitsleben im Eins-zu-eins-Coaching.
Wie kann ich meinen Arbeitgeber von flexibler Arbeitsplatzwahl überzeugen?
Als erstes solltest du dir darüber klar werden, warum du überhaupt ortsunabhängig arbeiten möchtest. Oft wissen wir genau, was wir nicht mehr möchten, aber was wir konkret anstreben, ist unklar. Deinen Beweggrund zu kennen, ist wichtig, weil es dein Motor für die angestrebte Veränderung ist. Je stärker dein Warum ist, desto überzeugender kannst du auch bei deinem Arbeitgeber auftreten.
Der nächste Schritt, der relativ banal klingt, ist: Trau dich zu fragen! „Das wird mein Chef nie erlauben” ist eine reine Vermutung, solange du nicht gefragt hast. Mehr als Nein sagen kann er nicht. Meiner Erfahrung nach stehen viel mehr Arbeitgeber einem flexiblen Arbeitsmodell offen gegenüber, als wir denken.
Damit dein Arbeitgeber merkt, dass du dir bereits intensiv Gedanken gemacht hast, solltest du bei der Frage nach einem Home-Office direkt ein schlüssiges Konzept parat haben, das folgende Fragen beantwortet: Welche Arbeitsschritte möchtest und kannst du im Home-Office (vielleicht sogar besser als im Büro) ausführen? Wie wirst du im Home-Office erreichbar sein? Welches messbare Ergebnis möchtest du in dieser Zeit liefern? Wie soll die Verteilung von Büro- und Home-Office-Tagen aussehen?
Dafür solltest du grundsätzlich etwas Geduld mitbringen. In Deutschland gibt es bisher nur einige wenige Unternehmen, die ein ortsunabhängiges Arbeitsmodell zu 100 % leben. Deshalb empfehle ich dir einen langsamen Start mit ein bis zwei Home-Office-Tagen pro Woche. Hast du dich damit bewährt, kannst du dir mehr Freiheiten erarbeiten.
Damit dein Arbeitgeber nicht überrumpelt ist und sich nicht sofort endgültig festlegen muss, kannst du ihm eine Testphase vorschlagen. Nach einem festen Zeitraum von vier bis sechs Wochen trefft ihr euch zu einem Feedbackgespräch und könnt gegebenenfalls am ein oder anderen Punkt nachjustieren. Sollte sich dein Arbeitgeber total querstellen, rate ich dir, einen Jobwechsel in Betracht zu ziehen. Du brauchst nur einen einzigen Job, welcher deinen Lebensvorstellungen entsprechen sollte, (und nicht umgekehrt).
Welche Modelle sind für eine ortsunabhängige Festanstellung denkbar?
Ich habe mich schon lange gefragt, warum Jobbörsen keine Filterfunktion für den Grad der Flexibilität der offenen Stellen haben. Deshalb habe ich in meiner GetRemote-Jobbörse drei Kategorien eingeführt. Hierzu ist es wieder wichtig, dein Warum zu kennen, das dein Bedürfnis des zu dir passenden Modells bestimmt:
- City Remote (klassische Home-Office-Tage innerhalb einer bestimmten Stadt): Dieses Modell ist für dich geeignet, wenn dir das Reisen außerhalb deiner Urlaubstage nicht so wichtig ist, du dir aber in deinem Arbeitsalltag etwas mehr Flexibilität wünschst.
- Half Remote (City Remote + zeitweise ortsunabhängig): Du hast deine Homebase in einer bestimmten Stadt und arbeitest auch gerne regelmäßig im Büro mit der Möglichkeit zum Home-Office, für einige Wochen im Jahr möchtest du aber gerne im Ausland oder von einer anderen Stadt aus arbeiten? Dann sind Jobs aus der Kategorie Half Remote richtig für dich.
- Full Remote (komplett ortsunabhängig): Wenn du die absolute Freiheit suchst, ist das Full-Remote-Modell für dich geeignet, in dem du von überall auf der Welt für deinen Arbeitgeber arbeiten kannst.
Ein ebenfalls denkbares Modell ist es, die ortsunabhängige Festanstellung in Teilzeit als Hauptbeschäftigung auszuführen und nebenbei als Freelancer zu arbeiten. Das ist vor allem für Freiberufler attraktiv, die etwas Druck aus der Kundenakquise nehmen möchten, aber keine Lust auf eine Vollzeitbeschäftigung bei einem Unternehmen haben und so nebenher noch eigene Projekte realisieren können. Hier musst du allerdings darauf achten, dass deine Arbeitszeit und dein Einkommen das der Hauptbeschäftigung überwiegt, weil du sonst Gefahr läufst, deine Krankenkassenbeiträge selbst tragen zu müssen.
Was gibt es hinsichtlich der Administration zu beachten?
Sobald du dich mit deinem Arbeitgeber darauf geeinigt hast, dass du die Festanstellung (teilweise) ortsunabhängig ausführen kannst, sollte das im besten Falle auch schriftlich in deinem Arbeitsvertrag festgehalten werden oder zumindest eine Zusatzvereinbarung per Mail erfolgen, auf die sich beide Seiten berufen können. Die proaktive Kommunikation mit deinem Arbeitgeber und deinen Kollegen ist in ortsunabhängigen Phasen ein wichtiger Faktor, damit du deine Freiheit dauerhaft aufrechterhalten kannst. Hier empfehle ich jedem Team, gemeinsam eine Art Kommunikationskodex zu entwerfen und entsprechende Online-Tools wie Trello, Slack & Co. zu nutzen.
Bei einer ortsunabhängigen Festanstellung handelt es sich immer um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, für die du eine Meldeadresse benötigst. Als kompletter digitaler Nomade durch die Welt zu ziehen und dich aus Deutschland abzumelden, ist leider nicht möglich. Ein letzter wichtiger Punkt ist die Auslandskrankenversicherung, wenn du auf Reisen für deinen Arbeitgeber arbeitest. Hier solltest du nach einer Zusatzversicherung deines Unternehmens fragen, weil du die Kosten im Krankheitsfall ansonsten selbst tragen musst.
12 mögliche Remote Jobs
- Buchhalter und Steuerfachangestellte
- Fotografen und Journalisten
- Webentwickler und Designer
- Vertriebsmitarbeiter
- Marktforscher
- Werbemanager
- Übersetzer und Lektoren
- Kundenservice
- Pressearbeit
- Einkäufer
- Controller
- Data Analyst
Weiterführende Ressourcen
- Remote-Jobbörsen (Deutsch): DNXjobs und Jobkralle
- Projektbasierte Anstellungen: Projektwerk
- Remote-Jobbörsen (Englisch): remoteOK und Flexjobs
- Infoportal für Remote Work: GetRemote
Hat dir der Beitrag geholfen? Es ist der vorletzte Teil einer Artikelserie zu ortsunabhängigen Geschäftsmodellen. Neben den Remote Jobs gibt es natürlich viele weitere Möglichkeiten, um online zu arbeiten.