Es kommt nicht selten vor, dass ich mich über hohe Gebühren für internationale Überweisungen ärgere. Auch die Bezahlvorgänge im Internet sind nicht immer so nutzerfreundlich, wie ich es mir wünschen würde. Eine digitale Währung wie Bitcoins könnten hier für Besserung sorgen. Das rein internetbasierte Währungssystem der Bitcoins wird über ein dezentrales Netzwerk von über 100.000 Computern gesteuert und Transaktionen in einem als
Mining bezeichnetem Prozess verarbeitet. Weder der Wert noch die Menge der Bitcoins werden von einer Institution oder einem Gremium beeinflusst, weshalb es wesentliche Vorteile gegenüber den Zentralbanken gibt. Da die Bitcoins einfach zwischen Computern hin und her bewegt werden können, eignen sie sich bestens für Überweisungen oder zur Bezahlung im Internet. Gehandelt werden die virtuellen Münzen in Bitcoin-Börsen. Aufbewahrt werden sie in Bitcoin Wallets entweder auf dem eigenen Rechner oder in einem Konto bei einer von vielen Börsen.
Mit diesen paar Sätzen habe ich mein Wissen zum Thema Bitcoin zum Besten gegeben. Ich habe mir bereits vor über einem Jahr ein Konto bei
Bitcoin.de eingerichtet, da mich das Thema stark interessiert hat. Die Vorstellung, auf eine alternative, unabhängige Währung zurückgreifen zu können, klingt für mich ziemlich spannend. Beschäftigt habe ich mich seitdem jedoch mit Bitcoins nicht sehr stark. Spannend ist das Thema aber nach wie vor. Deshalb war ich echt froh, dass ich Christop getroffen habe, der sich mit virtuellen Währungen hervorragend auskennt. Er hat mir einige Fragen beantwortet, die dich als unabhängigen, freiheitsliebenden Leser ganz sicher auch interessieren werden.
Christoph, 24, ist Kosmopolit, Schriftsteller und Weltverbesserer. Nach seinem Studium der Politikwissenschaften in Konstanz/Bodensee mit Auslandsaufenthalten in Neuseeland, Wien, Madrid und Brüssel reist er momentan durch Zentralamerika und arbeitet am Aufbau passiven Einkommens. Neben seinem Ziel alle Länder der Welt bis zum Alter von 35 zu bereisen setzt sich Christoph aktuell als Botschafter für das revolutionäre Governance 2.0-Unternehmen Bitnation ein, leitet die Initiative Entrepreneurial Students for Liberty und schreibt regelmäßig Kommentare zu gesellschaftlich re
levanten Themen.
Christoph: Da ich politisch in sehr liberalen, geldtheoretisch nahen Kreisen unterwegs bin, war es nur eine Frage der Zeit bis ich über Bitcoin stolperte. Das war zum ersten Mal Anfang 2012 – hätte ich damals gekauft wäre ich bereits Multi-Millionär.
Es sollte aber noch 2 Jahre dauern, bis ich mich in Anschluss an eine liberale Konferenz in New Hampshire, USA, ernsthaft damit auseinanderzusetzen begann. Dort wurde einer der ersten Bitcoin-Geldautomaten enthüllt, ich in die Währung von vielen Fachmännern und -frauen eingeführt und ich erhielt letztlich meine ersten Mili-Bitcoins.
Für mich als Studenten mit begrenzter Finanzkraft sind Bitcoins eher eine Spielerei, mit der ich Rotwein in Prag, Pizza in Berlin oder Grafik-Designer auf der Internetplattform Fiverr bezahle.
Krypto-Währungen sind keine Randerscheinung mehr
Neben Bitcoin gibt es viele weitere digitale Währungen und fast täglich werden es mehr. Unterschiede zwischen den Krypto-Währungen gibt es vor allem beim Grad der Anonymität und Demokratisierung.
Christoph: Nicht zuletzt durch den Erfolg Bitcoins kommen fast jeden Tag neue Digitale Währungen auf den Markt, die jedoch oft von gewinnorientierten Unternehmen geschaffen wurden, d.h. zentralisiert sind. Krypto-Währungen sind dezentralisiert, d.h. sie haben keinen zentralen Emittenten (etwa eine Zentralbank), sondern werden durch ein kryptografisches-mathematisches Verfahren (Lösung von Algorithmen mit Rechenleistung) erschaffen.
Bitcoin beruht auf Open Source, d.h. sein Code ist beliebig veränderbar. Insofern gibt es eine Vielzahl anderer Modifikationen oder auch völlig eigene Konzepte. Z.B. wollen Krypto-Währungen wie Anoncoin oder Darkcoin eine völlig anonymisierte Alternative schaffen, während man mit Namecoin z.B. bereits Domanis registrieren kann (.biz) oder andere Texte speichern kann. Als ein sehr interessantes Zukunftsprojekt sei u.a. das momentan in der Entwicklung befindliche Ethereum genannt. Im Gegensatz zu Bitcoin möchte es eine Turing-komplette, d.h. freie Plattform schaffen, auf der eine Vielzahl von Anwendungen völlig frei programmiert werden können.
Kritik zu Anonymität und Sicherheit
Die großen Vorteile einer Währung wie Bitcoin sind die geringen Kosten, die dezentrale Steuerung und das nicht vorhandene Inflationsrisiko. Ob sich Anonymität und fehlende Regulierbarkeit nachteilig auswirken werden, bleibt abzuwarten.
Christoph: Auf den Währungsaspekt fokussiert, zeichnet Bitcoin vor allem seine quasi nicht vorhandenen Transaktionskosten, seine Sicherheit bei entsprechender Aufbewahrung, seine fast völlig unmögliche Manipulierbarkeit und die fehlende Möglichkeit von Inflation/Deflation aus (da Bitcoins fest auf 21 Millionen Stück begrenzt sind).
Größter Nachteil von Bitcoin ist seine immer noch sehr hohe Volatilität, die sich mittlerweile aber bereits deutlich eingependelt hat. Ein oft übersehener Aspekt ist auch der mit ihrer Schöpfung einhergehende hohe Energieverbrauch, der das Mining mittlerweile nur noch in Ländern mit sehr niedrigen Stromkosten rentabel macht.
Ob Anonymität, fehlende Regulierbarkeit usw. ein Vor- oder Nachteil sind, liegt wohl eher im Auge des Betrachters. Transparenz ist für mich zumindest ein Vorteil. Etwa ist es möglich, viele Informationen wie alle aktuell laufenden Transaktionen mit vielen Zusatzinfos im Internet einzusehen. Ein großer Kritikpunkt von Banken, Regierungen und anderen Institutionen ist die mangelnde Sicherheit der Bitcoins. Tatsächlich liegt das Risiko aber nicht am Währungssystem selbst, sondern den darauf basierenden Schnittstellen.
Christoph: Die fehlende Sicherheit ist nicht Bitcoin anzulasten, sondern auf Bitcoin basierten Anwendungen. Bitcoin selbst ist durch ein kryptografisches Verfahren gesichert, das extrem schwer zu knacken ist. Es gibt theoretisch einige Möglichkeiten das System zu manipulieren, diese sind jedoch auch begrenzt in ihrer Tragweite. In der Tat gab und gibt es z.B. Angriffe auf Bitcoin-Börsen, bei denen Tausende von Bitcoins gestohlen wurden – am berüchtigsten dabei wohl die japanische Börse Mt Gox.
Tatsächlich muss man sich eben vergegenwärtigen, dass Bitcoin eine gewisse Eigenverantwortung erfordern. Wer seine Bitcoins auf den Servern einer evll. schlecht gesicherten Plattform lässt oder vertrauensunwürdigen Personen überlässt, geht eben ein entsprechendes Risiko für entsprechenden Komfort ein.
Wer es sicherer haben möche, kann seine Bitcoin auch auf eine Festplatte ziehen und sie im Garten vergraben, einen Chip unter seine Haut transplantieren oder ähnliches. Völlige Sicherheit gibt es ohnehin nicht – Banken, Regierungen und andere Institutionen sichern ihre Währung ja ebenfalls nur mangelhaft – letztens haben Hacker ja erst über eine Milliarde Dollar erbeutet.
Die praktische Anwendung von Bitcoins
Verwendet werden kann die digitale Währung neben dem Transfer von Geld und dem Online Shopping vor allem als Investment. An Bitcoin-Börsen wird spekuliert und investiert. Der
Kurs kann sich in kurzer Zeit jedoch recht stark ändern. Auch wenn Bitcoins noch lange nicht als universales Zahlungsmittel im Internet akzeptiert werden, gibt es doch zunehmend Unternehmen, die die virtuelle Währung annehmen. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass Bitcoin zu einer echten Alternative für traditionelle Geldeinheiten wird?
Christoph: Bitcoin wird von einer steigenden Zahl von Unternehmen akzeptiert, vor allem im Internet. Während große Internet-Händler noch zögern, bringt eine entsprechende Recherche kleinere Anbieter aller Art hervor. Offline ist die Entwicklung langsamer, in Deutschland beschränkt sich das Bezahlen größtenteils auf einige Bars und Restaurants im sogenannten Bitcoin-Kiez in Berlin-Neuköln.
Nichtsdestotrotz sind positive Entwicklungen erkennbar, wenn auch langsam. Weltweit wurden bereits mehr als 400 Millionen Dollar an Wagniskapital in Bitcoin-basierte Anwendungen gesteckt, die das System langsam ausweiten. Installierte Bitcoin-Automaten, im Moment nur in Berlin und München, machen den Zugang einfacher und tausende Anwendungen sehen neue Geschäftsideen.
In der Anfangszeit oft auf IT-versierte oder ideologische Nutzergruppen (libertär/anarchistisch) abzielend, ist die Nutzerbasis von Bitcoin mittlerweile deutlich breiter. Besonders interessant ist dabei die deutlich raschere Adaption von Bitcoin in Entwicklungsländern, da die Vorteile dort noch deutlicher ins Auge stechen, ob es kostenlose Geldtransfers an die Familie ist, die Möglichkeit Kapitalverkehrskontrollen zu umgehen, überhaupt ein Geldkonto zu haben usw.
Bitcoin wird sich in meinen Augen tatsächlich zu einer Alternative entwickeln, das braucht jedoch einige Jahre Zeit. Nach dem ersten Hype wurde Bitcoin schon totgesagt, tatsächlich fand und findet aber gerade in dieser Zeit unterschwellig eine sehr gute Entwicklung statt.
Bitcoin ist eine exponentiell wachsende Währung, die ihr volles Potential erst in wenigen Jahren entfalten wird. Hinzu kommt natürlich, dass traditionelle Währungen in Zukunft noch weitere schwere Zeiten erleben werden, was diese Entwicklung begünstigen wird.
Eine Liste der deutschen Dienstleister, bei denen man mit Bitcoin bezahlen kann, gibt es hier. Zu erwähnen sei auch dass Bitcoin wegen seiner potentiellen Anonymität das bevorzugte Zahlungsmittel auf dezentralen Onlinemarktplätzen wie OpenBaazar ist.
Der Handel mit den Bitcoins
Wer als Einsteiger mit Bitcoins handeln will, der sollte sein Glück nicht gleich an der Bitcoin Exchange versuchen, sondern sich bei einer Handelsplattform anmelden, an denen die Münzen ohne Zwischenhändler direkt ge- und verkauft werden können. Anders als an der Börse gibt es hier keine Bids, Asks und Spreads, sondern es wird direkt mit anderen Nutzern gehandelt. Der größte deutsche Online-Marktplatz für Bitcoins ist
Bitcoin.de, weltweit ist vor allem
Bitstamp.net empfehlenswert.
Bitcoin Handelsplatz bei Bitcoin.de Nach der Registrierung und der Verifizierung des Kontos durch ein Ausweisdokument und einen Nachweis des Wohnsitzes kann Geld per Überweisung auf das Konto eingezahlt werden. Sowohl Verifizierung als auch Überweisung dauern in der Regel bis zu einer Woche und erst danach kann mit dem Handel begonnen werden.
Christoph: Bitcoin sind immer noch sehr volatil. Eine Anlage kann hohe Erträge bringen – aber genau so hohe Verluste. Als Anlage würde ich es nur für Leute empfehlen, die sich stark mit Bitcoin und den aktuellen Entwicklungen beschäftigen, und dann nur entspechend diversifiziert (vlt. 10%).
Nichtsdestotrotz möchte ich jedem ans Herz legen, damit etwas herumzuspielen. Ein Wallet, mit dem man Bitcoins aufbewahren kann, ist in einer halben Minute kostenfrei auf dem Smartphone installiert. Bitcoin-Gruppen gibt es mittlerweile in fast jeder Stadt – dort kriegt man die ersten Bitcoins im Wert von ein paar Cent schnell geschenkt.
Tauschen oder Bezahlen mit Bitcoins ist kinderleicht – einfacher und schneller als mit der Kreditkarte. Wenn man mit Bitcoins sein Bier oder Wein bezahlt, ist das immer noch ein tolles Gefühl.
Steuerlich ist es je nach Land unterschiedlich. Wegen seines jungen Alters ist Bitcoin in vielen Ländern noch gar nicht beim Gesetzgeber wirklich angekommen. In Deutschland muss man keine Steuen zahlen, wenn man Bitcoins mehr als 12 Monate hält. Bei weniger ist keine Abgeltungssteuer nötig, es gilt als privates Veräußerungsgeschäft.
Praktische Tipps zu Wallets sind aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Anbieter mit Vorsicht zu geniessen. Für den Browser benutze ich das extrem praktische Wallet KryptoKit (als Chrome Plugin), das neben seiner Funktion als Wallet auch verschlüsselte Nachrichten schicken kann. Zudem bietet es mit aktuellen Kursinformationen, Nachrichten aus der Bitcoinsphäre und einem Adressbuch der Dienstleister, die Bitcoin akzeptieren, viele nützliche Zusatzinfos.
Für das Smartphone benutze ich derzeit das Wallet namens Blockchain. Hier gibt es aber Dutzende neue Anbieter, die die Funktionalität immer weiter zu verbessern versuchen. Am besten einfach selbst ausprobieren. Ohnehin empfiehlt sich das Eröffnen mehrerer Wallets um Bitcoins hin und her zu schicken und so das minimale Risiko eines Verlustes durch Diversifikation weiter zu verringern.
Gleiches gilt auch für den Handel mit Bitcoin. An sie ran kommt man z.B. über die deutsche Bitcoin-Börse bitcoin.de, welches aber durch eine Vielzahl an Regulationen relativ aufwändig ist. Leichter ist da LocalBitcoins, indem man sich privat mit einem Händler trifft und dabei oft noch einen netten Plausch hat. Langfristig wird der Zugang durch Bitcoin-Automaten noch einfacher, die allerdings gibt es meines Wissens momentan nur in Berlin und München.
Blockchain – Demokratisierung des Finanzsystems
Bitcoin hat nicht nur das Ziel, eine neue alternative Währung zu Münzen und Scheinen der Zentralbanken zu sein, sondern das Währungssystem zu dezentralisieren. Damit würde man sich von Wechselkursen, politischen Einflüssen und Inflation unabhängig machen.
Christoph: Faszinieren tut mich denn auch eher weniger der Währungsaspekt, sondern die die durch Bitcoin erschaffene technologische Innovation namens Blockchain. Kurz gesagt ist die Blockchain ein öffentliches Verzeichnis aller Bitcoin-Transaktionen. Was sich nicht spannend anhört, hat aber gewaltige Implikationen, über die ich gerade meine Bachelor-Arbeit verfasst habe.
Auf der Blockchain beruhende Anwendungen können viele zentralisierte Systeme, denen wir momentan ausgeliefert sind, demokratisieren. Zum Beispiel entwickeln eine Vielzahl von Unternehmen Anwendungen, die Transport, Soziale Netzwerke und sehr viel mehr dezentralisieren werden. Manche möchten gar das gesamte Finanzsystem demokratisieren, indem mit der Blockchain Mittelmänner wie Banken aus der Gleichung genommen werden.
BitNation – Eine Regierung ohne Grenzen
Die Demokratisierung des Finanzsystems hört sich schon nach einem ziemlich großen Unterfangen an. Damit aber nicht genug. Unter dem Namen Governance 2.0 will BitNation eine digitale Regierung ohne Grenzen und zentrale Leitung schaffen.
Selbst vor Staaten macht die Blockchain nicht halt: BitNation etwa, deren Botschafter ich bin, baut an einer Plattform für Do-it-yourself-Governance-Dienste – ob man Verträge besiegeln möchte, Land registrieren will, heiratet (tatsächlich gab es schon eine in der Blockchain registrierte Hochzeit) oder eine Vielzahl anderer Dinge.
Man sollte schließlich nicht vergessen, dass es auf unserem Planeten immer noch mehrere Milliarden Menschen ohne Bankkonto gibt, die meist korrupten Regierungen ausgeliefert sind. Krypto-Währungen haben hier enormes Potential positive Entwicklungen anzukurbeln.
Daher ist es mir eine Herzensangelegenheit, BitNation zu promoten. Jeder kann helfen, dass unsere Vision dezentraler, grenzenloser, freiwilliger Regierungsdienstleistungen Wirklichkeit wird. Weitere Informationen gibt es auf unseren Blog und Website. Weitere Infos auf Englisch habe ich kürzlich in einem Podcast als Interview gegeben.
In den Antworten die Christoph zum Thema Bitcoin und virtuelle Währungen gegeben hat, konnte ich die Begeisterung dafür förmlich spüren. Wenn dich das Thema interessiert oder du mehr von Christoph hören und lesen willst, dann schau doch auf seinem Blog vorbei oder sag Hallo auf Facebook und Co. Auf
Facebook oder
Twitter kannst du Christoph aktuell auf seiner Reise von Mexiko nach Kolumbien folgen und auf
Flickr viele Bilder seiner Destinationen sehen. Für regelmäßige Gedanken zu politischen Themen und Krypto-Währungen findest du in Beiträgen der Huffington Post. Wer sich als Student zudem für Entrepreneurship interessiert ist herzlich eingeladen, der Initiative
Entrepreneurial Students for Liberty beizutreten, die Christoph gerade auf die Beine stellen. Ich sage noch einmal Danke an Christoph für die tiefen Einblicke in die spannende Welt der virtuellen Währungen. Ganz sicher werde ich das Thema weiter verfolgen und bin vor allem darauf gespannt, wie sich das Projekt Governance 2.0 von BitNation entwickelt.
Was denkst du über virtuelle Währungen und Regierungen?